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„Landwirtschaft 4.0 steckt noch in den Kinderschuhen“

Prof. Andreas Gronauer über Digitalisierung in der Landwirtschaft im #BusinessChange Interview

Smart Farming, eFarming oder Landwirtschaft 4.0 sind keine Buzzwords, sondern haben längst Einzug in die Landwirtschaft von heute gehalten. Was noch vor wenigen Jahren ein gewöhnlicher Kuhstall oder ein simples Feld war, sind heute hoch vernetzte Hightech-Betriebe geworden. Doch was hat es mit fernsteuerbaren Agrardrohnen oder autonom fahrenden Traktoren auf sich? Antworten darauf gab Agrar-Experte Andreas Gronauer von der Universität für Bodenkultur.

A1: Technologische Entwicklungen treiben die Landwirtschaft voran. Was tut sich aktuell in diesem Bereich?

Andreas Gronauer: Wir stehen am Anfang einer sich sehr schnell vollziehenden technologischen Entwicklung- ähnlich der Einführung des Traktors anstatt der Gespannwirtschaft. Wie in vielen anderen Bereichen auch, gibt es bei all den technologischen Entwicklungen in der Landwirtschaft dutzende Chancen, aber auch Risiken. Wie so oft in der Vergangenheit sind Entwicklungen immer Fluch und Segen - das Rad für den Transport oder für den Streitwagen im Krieg. Und so ist es auch heute: All die technologischen Entwicklungen – Stichwort Internet der Dinge, Robotics, Artificial Intelligence – greifen in sämtlichen Lebensbereiche ein. Und auf keinem anderen Gebiet wie der Landwirtschaft – am ehesten noch in der Humanmedizin – verursachen technologische Eingriffe in landwirtschaftliche Prozesse in der Regel Langzeitfolgen. Wenn ich heute Fehler am Boden mache, dann zahle ich Jahre dafür. Somit müssen derartige Eingriffe wieder und wieder überprüft werden.

 

A1: Können Sie konkrete Beispiele der digitalisierten Landwirtschaft nennen?

Andreas Gronauer: Diese gibt es zuhauf, dennoch lassen sich Innovationsschübe zuerst bei größeren Betrieben feststellen. Hier kann man den Einsatz von Drohnen über Felder und Wälder, die präzise Ortung von Rindern auf der Alm, autonom fahrende Maschinen am Acker, Sensoren bei der Wettermessung, Sensoriken über den Zustand von Pflanzen, und noch viel mehr nennen.

 

A1: Wie hoch schätzen Sie den Einsatz dieser Techniken auf die österreichische Landwirtschaft?

Andreas Gronauer: Der Einsatz von Farminformations- und Managementsystemen, um diese betriebswirtschaftlich auszuwerten, liegt grob geschätzt bei 10 Prozent, autonome Fahrzeuge im alltäglichen Einsatz im 0,x % Bereich, allerdings liegen kommunizierende Maschinen und Geräte, beispielsweise ein Traktor mit einem Anbaugerät, bei rund 30-40 Prozent. Neue Traktoren, bei der diese Techniken standardmäßig eingebaut sind, werden dennoch oft ohne diese Möglichkeiten in der Praxis „manuell" betrieben.

 

A1: Wo sehen Sie die größten Vorteile der Digitalisierung für den Landwirt?

Andreas Gronauer: Gegenfrage: Was kostet es und was bringt es ökonomisch? Da gehen die Diskussionen sehr auseinander. Es gibt hierzu immer mehr spannende Daten aus der Praxis, die im Ergebnis zeigen, dass sich ein Nachrüsten von Maschinen und Geräten, über die Einsparung an Betriebsmitteln, Arbeitskraftstunden, Maschinenstunden, Spritverbrauch, Düngemitteleinsatz und und und nach 5-8 Jahren beginnt zu amortisieren. Dazu muss man sagen, dass diese Betriebe ihre Maschinen auch wirklich auslasten. Wenn Sie sich vorstellen, dass ein Traktor im Jahr durchschnittlich 400 Stunden im Einsatz ist, ein Jahr aber 8.760 Stunden hat, dann kommt man sehr schnell drauf, dass das Gerät lange Zeit ungenutzt herumsteht. Will man also wirklich wirtschaftlich arbeiten, muss man schauen, dass man die Betriebsstunden nach oben bringt.

 

A1: Kann man also schlussfolgern, dass sich diese Digitalisierungsschritte nur für mittlere und größere Landwirtschaftsbetriebe lohnen?

Andreas Gronauer: Dazu ein einfaches Rechenbeispiel: Nehmen wir an einen Landwirt hat 10 Kühe. Wenn alles gut läuft, gibt eine Kuh 6.000 Liter im Jahr, pro Liter bekommt der Bauer 36 Cent. Aufsummiert und mit Verkauf von Kühen sind das rund 22.000 EURO Jahreseinkommen. Zieht man Kosten für Maschinen, Reparaturen, Futtermittel, und viele weitere Dinge ab, bleibt nicht mehr viel übrig. Die Antwort, ob Digitalisierungsinvestitionen für derartige Hofgrößen sinnvoll wären, liegt deshalb auf der Hand. Hier würden sich bestenfalls Kooperationen anbieten, aber den einen autonom fahrenden Traktor braucht dieser Kleinbetrieb sicher nicht.

 

A1: Wer oder was bremst die Digitalisierung der Landwirtschaft?

Andreas Gronauer: Hier lassen sich drei Themen festlegen: Kosteneffizienz, Netzabdeckung und ganz massiv: Ausbildung. Für all die gerade besprochenen Themen fehlt es in der Landwirtschaft einfach an Know-how, das es von der praktischen Ausbildung eines Lehrlings bis hin zum universitären Umfeld zu lehren gilt.

 

A1: Wo sehen Sie die Landwirtschaft in 20 Jahren?

Andreas Gronauer: Es wird sich viel ändern. Bereits jetzt haben wir Schwarmroboter im Einsatz, die ein Feld komplett autonom bewirtschaften. Der Nassreisanbau in Japan ist bereits völlig digitalisiert – in Österreich stecken wir mit diesen Entwicklungen noch in den Kinderschuhen, aber erste Schritte sind gesetzt.

 

A1: Welche Rolle spielt zukünftig noch der Mensch in einer zunehmend digitalisierten Landwirtschaft?

Andreas Gronauer: Eine sehr zentrale! Die Automatisierung wird bei Tätigkeiten greifen, die gefährlich, hoch belastend oder unangenehm sind. Trotzdem wird die Digitalisierung den Menschen nicht ersetzen, sondern bestenfalls unterstützen. Das Betätigungsfeld, die Arbeitsinhalte für den Menschen und die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten werden sich ändern.

 

A1: Wie kann A1 „Digital Farming“ unterstützen?

Andreas Gronauer: Ganz klar müssen Signalverfügbarkeit und Signalabdeckung steigen – und zwar am Land und auf der Alm. Und bestimmt müsste ein Telekommunikationsunternehmen spezielle Angebotsportfolien für "Maschinenkunden" entwickeln.

Zur Person

Univ.Prof. Dr. Andreas Gronauer leitet das Institut für Landtechnik an der Universität für Bodenkultur.

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