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Digitalisierung im Kopf

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Die Zukunft der Arbeit im Zeichen der Digitalisierung

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Digitalisierung als technologischer, sozialer und kultureller Wandlungsprozess

Unternehmensberater, Autor, Trendforscher und Geschäftsführer des Zukunftsinstituts Harry Gatterer im Interview © Wolf Steiner

In der Studie Hands-On Digital beschäftigt sich das Zukunftsinstitut mit der Frage, wie Unternehmen mit der Digitalisierung umgehen sollten. #BusinessChange sprach darüber mit dem Geschäftsführer Harry Gatterer.

A1: Herr Gatterer, haben Sie den Eindruck, dass Unternehmen überhaupt verstehen, was die digitale Transformation bedeutet? Oder verbinden Sie damit in erster Linie technische Innovationen?

Harry Gatterer: Ich glaube, dass viele Unternehmen technische Innovationen in erster Linie als Möglichkeit sehen, um zu rationalisieren, anstatt sie als Möglichkeit zu verstehen, klassische Arbeitsvorgänge und -schritte zu erleichtern. Allerdings ist die Digitalisierung nicht primär ein technologisches Phänomen, sondern vor allem ein sozialer und kultureller Wandlungsprozess. Wir brauchen ein Verständnis dafür, dass unsere Welt durch die digitale Transformation eine andere geworden ist. Der erste Schritt dazu ist der Start einer Innensicht.

 

A1: In Hands-On Digital behaupten Sie, dass Unternehmen ihren Future Code entschlüsseln müssen, um Gestalter und nicht Opfer des Digitalen zu werden. Was versteht man konkret darunter?

Harry Gatterer: Beim Future Code handelt es sich um die Logik, wie in einem Unternehmen als Ganzes – und zwar nicht nur auf der Ebene des Top-Managements – aus ungerichteter Information Bedeutung geschaffen wird. Man kann auch von der Art und Weise sprechen, wie die Informationsverarbeitung erfolgt. Dieser Future Code sollte jedenfalls zur Leitmaxime des digitalen Handelns gemacht werden. Er ist entscheidend dafür, wie ein Unternehmen sich selbst wahrnimmt und arbeitet.

 

A1: Sie meinen auch, dass heute in Unternehmen ein neuer Führungsstil gefragt ist, der im Kern der digitalen Transformation steht. Wie schaut so ein Führungsstil aus?

Harry Gatterer: Wir kommen historisch aus einer Zeit mit einem heroischen Führungsprinzip, nach dem Führungskräfte von einer höheren Macht dazu auserkoren worden sind, die Welt zu retten, und zu jedem Zeitpunkt wissen, wo es entlanggeht. Das Problem ist allerdings, dass dieser Zugang mit fortschreitender Technologisierung immer weniger Gültigkeit hat. Führungskräfte sollten heute keine Treiber sein, sondern in die Herde reingehen und ein Teil von ihr werden. Sie müssen eine Vorbildrolle einnehmen. Das bedeutet aber nicht, dass sie immer wissen müssen, wo es langgeht, sondern wie es gehen kann. Führungskräfte müssen mit Unsicherheit umgehen und einen Dialog führen können, ohne dabei normativ zu sein. Schließlich zwingt uns die Technologie dazu, eine Sensibilität für unsere Umgebung zu entwickeln.

A1: Eine der fünf zentralen Thesen Ihrer Studie ist, dass Innovation durch Spielraum passiert und nicht etwa durch Aktionismus bzw. die Auslagerung des Themas an isolierte Abteilungen und Positionen, die aktionistische Digitalisierungspläne austüfteln. Heißt das, dass Innovation im Idealfall auf möglichst vielen Unternehmensebenen stattfinden sollte?

Harry Gatterer: Ja, zumindest dem Verständnis nach sollte das so sein. Isoliert man die dafür zuständigen Abteilungen bzw. Positionen, schafft man Gegensätze bzw. schlimmstenfalls eine Art Innovationstheater. Die zuständigen Personen sitzen beispielsweise in bunteren Büros oder dürfen mit Start-ups reden. Die anderen Mitarbeiter könnten zu ihnen aufschauen wie zu Hohepriestern. Klar ist, dass nicht alle Mitarbeiter an Innovationen arbeiten können. Es gibt aber in allen Bereichen eines Unternehmens kluge Menschen, die neue Einsichten einbringen können. Je mehr sie sich einbringen können, desto stärker wird Innovation im betreffenden Unternehmen zur Kultur werden.

 

A1: Wie können Unternehmen im Sinne des von Ihnen propagierten ökosystemischen Handelns die interne und externe Anschlussfähigkeit erhöhen? Das ist ja Ihrer Ansicht nach die Voraussetzung dafür, um in einer vernetzten Wirtschaft erfolgreich zu sein.

 

Harry Gatterer: Das Wichtigste ist in diesem Zusammenhang eine intensive Selbstreflexion. Unternehmen müssen artikulieren, was für sie wichtig ist und wieso sie überhaupt mit den Kunden in Kontakt treten möchten. Erst wenn man weiß, wo man selbst steht, wird man Gemeinsamkeiten erkennen, was auch die Basis für Kooperationen ist. Hunderte Kundenbefragungen erzeugen keine Anschlussfähigkeit. Die Kunden dürfen nicht unter dem Mikroskop betrachtet werden. Man muss mit ihnen in einen Dialog treten. Dafür braucht es keine technischen, sondern mentale Voraussetzungen. Schafft man diese, können sich sehr starke Netzwerke bilden.

 

A1: Wie kann ein Unternehmen reibungslose Schnittstellen zwischen Mensch und Technologie integrieren, um technologische Potenziale zu erkennen und zu nutzen?

Harry Gatterer: Das ist ein hochkomplexer Vorgang.  Zuerst braucht man ein Verständnis dafür, dass Mensch und Maschine eine Allianz bilden können. Der Algorithmus sollte nicht als Feind, sondern als Freund gesehen werden. Aktuell wird Technologie hingegen von vielen Menschen als gefährlich wahrgenommen – etwa weil dadurch Arbeitsplätze verloren gehen. Negative Erfahrungen mit Technologie müssen aufgebrochen werden. Der Schlüssel dazu ist, Alltagserfahrungen zu erzeugen, die glaubwürdig untermauern, wie Technologie unser Leben erleichtert.

 

 

 

Zur Person:

Harry Gatterer ist Trendforscher und Geschäftsführer des Zukunftsinstituts. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Zukunft von Leben und Arbeit, neue Lebensstile und ihre Wirkung auf Gesellschaft, Unternehmen, Konsum und Freizeit. Er berät auch Unternehmen in der Frage, wie sie relevante Trends erkennen und nutzen können.

Selbstreflexion ist die Erfolgsbasis in der vernetzten Wirtschaft.

 

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