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Das Faulheitsprinzip

 

VIDEO: Beim A1 Connect Business Event in Graz erklärt der whatchado-Gründer, was wirklich hinter dem Faulheitsprinzip steckt.

Der erfolgreiche Unternehmer und gefragte Keynote Speaker Ali Mahlodji bricht im neuen Work Report 2019 des Zukunftsinstituts eine Lanze für die Faulheit. Im Interview erklärt der whatchado-Gründer, was wirklich dahintersteckt.

A1: Wie wird man eigentlich Autor einer Publikation des Zukunftsinstituts?

Ali Mahlodji: Ich habe anfangs schon das Gefühl gehabt, dass ich mir da zu große Schuhe angezogen habe. Aber in den letzten Jahren hatte ich schon bei einigen Projekten sehr gut mit dem Zukunftsinstitut  zusammengearbeitet und wir haben uns sehr gut ergänzt. Das Institut hat Experten zu vielen Themen, die dann dabei unterstützt werden, ihre eigene Sichtweise einzubringen. Nur zum Thema Arbeit gab es niemanden. Ende letzten Jahres bin ich mit Zukunftsinstitut-Geschäftsführer Harry Gatterer zusammengesessen und er hat mich gefragt, ob ich einen Report schreiben will.

Beim Brainstorming sind wir bald auf das Thema Arbeitswelt gekommen. Sie ist der große gesellschaftliche Faktor, der uns antreibt.

A1: Und wie kam das Faulheitsprinzip ins Spiel?

Ali Mahlodji: Ich habe dann Themen eingebracht, und das Zukunftsinstitut ebenso. Dabei haben sich die großen Trends herauskristallisiert, die ich seit Jahren beobachte und die sich meiner Meinung nach auf den Arbeitsmarkt auswirken werden. Das sind durchwegs auf den Menschen bezogene Themen und Keimzellen für neue Entwicklungen, wie beispielsweise die Achtsamkeit. Und eben das extrem spannende Faulheitsprinzip . Es widerspricht natürlich total unserem gängigen Leistungsprinzip, ist aber gleichzeitig ein Garant für wirklich nachhaltige Produktivität. In einem globalisierten Zeitalter, das die Menschen sehr stark fordert, geht es um die richtige Mischung. Unternehmen müssen wieder in einem menschlichen Maß agieren.

A1: Sie selbst haben im Vorjahr 180 Vorträge gehalten. Klingt nicht nach Faulheit …

Ali Mahlodji: Ich habe für mich die Vier-Tage-Woche eingeführt. Diese vier Tage sind intensiv und ich habe gelernt, smarter zu arbeiten und viele Dinge zu automatisieren. Ich schaffe das nur, weil ich auch Leerläufe habe und manchmal wirklich nichts mache. Solche Regenerationsphasen sind wichtig, um den Körper zur Ruhe kommen zu lassen. Wenn ein Fußballer auf einem hohen Niveau in der Champions League spielen will, dann muss er auch die Regeneration professionalisieren. Im Berufsleben geben mir die Chefs zwar Recht, haben sich aber meist noch nicht getraut, diesen Kulturwandel auch zu leben.

Gleichzeitig merken die jungen Leute, dass es die Sicherheit der Elterngeneration – vom Job bis hin zur Pensionszahlung – so nicht mehr gibt. Daher wird die Zeit für die Familie und für sich selbst viel wichtiger. Wir können den Jugendlichen also gar keinen Vorwurf machen, dass sie endlich auf ihre Work-Life-Balance achten.

Es gibt auch keine Notwendigkeit mehr, sich dem Hamsterrad auszuliefern. Und plötzlich merkt man, dass dieses Denken gar nicht zu weniger Produktivität führt, sondern ganz im Gegenteil.

A1: Das Faulheitsprinzip soll also am Ende die Produktivität steigern?

Ali Mahlodji: Wir müssen gehirngerecht und smart arbeiten. Und verstehen, dass längere Arbeitszeit keineswegs mehr und schon gar nicht besseren Output bedeutet. Führungskräfte wissen heute beispielsweise um die individuellen Unterschiede im Biorhythmus – und trotzdem müssen alle um 9 Uhr morgens am Arbeitsplatz sein. Oder um die Wichtigkeit von Pausen. Führungskräfte erzählen mir, dass eine 20-minütige Rauchpause niemanden stört. Wenn sie aber 20 Minuten lang kreativ nachdenken oder frische Luft schnappen wollen, kommen gleich seltsame Fragen. Obwohl Forscher wissen, dass gerade dabei Ideen und Lösungsansätze entstehen, verhindern seltsame Ängste, dass dieses Wissen auch in der Unternehmenskultur ankommt. Wir haben noch kein gesellschaftliches Verständnis dafür, was echte High-Performance-Arbeit bedeutet und dass sich diese eben nicht in der Anzahl der Arbeitsstunden ausdrückt.

A1: Im Work Report nennen Sie einige Beispiele zur Umsetzung. Aber was funktioniert wirklich?

Ali Mahlodji: Nicht jede Lösung ist für jedes Unternehmen geeignet. Es macht aber sicher Sinn, dass ein Unternehmen so etwas wie kreative Faulheitstage institutionalisiert. Ein Beispiel wäre der so genannte DONI – day of new ideas, bei dem in einem Unternehmen einmal im Monat Teams zusammengewürfelt werden, die sonst nie zusammenarbeiten. Meist gibt es irgendeine Fragestellung des Managements, über die dann einen ganzen Tag lang nachgedacht und nachgesponnen werden soll. Dazu gibt es ein kleines Essensbudget pro Team und am Ende eine Präsentation. Gerade bei kleinen Teams muss das aber ein integrierter und von Führungskräften getriebener Teamprozess sein.

A1: Wie überzeugen Sie Skeptiker von den Benefits? Durch Vorbilder?

Ali Mahlodji: Immer mehr Unternehmen setzen auf solche Konzepte, von Bosch bis hin zu Siemens, wo es spezielle Achtsamkeits-Coaches gibt. SAP ist Vorreiter in Sachen Meditation für Mitarbeiter, auch weil man gemerkt hat, dass diese dann besser mit Komplexität umgehen können. Das ist eine Win-win-Situation für alle. Bei Cisco gibt es riesige Sessel, die sich in ein Bett verwandeln lassen, samt Sounds für die Tiefenentspannung. Das sind alles Unternehmen, die ganz weit vorne sind und nicht nur Mittelmaß. Auch zu Google geht kein gestresster Typ, der fix und fertig ist und sich dauernd nach dem Wochenende sehnt. Diese neue Sicht- und Denkweise ist eben auch eine Überlebensfrage beim Recruiting. Immer mehr Unternehmen merken ja, dass sie nur schwer qualifizierte Mitarbeiter für sich gewinnen können. Geschweige denn solche, die in einer globalisierten Welt Antworten auf noch gar nicht gestellte Fragen finden. Da braucht es eine Kulturänderung.

A1: Eine der zentralen Aussagen im Report ist, dass Faulheit ganz bewusst gelebt werden muss.

Ali Mahlodji: Man muss sich immer fokussieren und sich bewusst auf eine Sache einlassen. Auch Entspannung und Faulheit klappen nicht parallel zu einer anderen Tätigkeit. Multitasking funktioniert nicht, weil unser Gehirn eben nur sequenziell arbeitet. Man muss in einen Modus kommen, in dem das Gehirn plötzlich nichts mehr hat, an dem es sich orientieren kann. Entspannen bedeutet, für ein Setting zu sorgen, in dem das Gehirn nur mit sich selbst beschäftigt ist oder das wenigstens komplett von der Arbeit wegführt. Manche Leute zeichnen, andere schnitzen, und ich selbst hänge gerne die Wäsche auf. Dabei kann ich vollständig herunterkommen.

A1: Was können Unternehmer tun, um vom Faulheitsprinzip zu profitieren?

Ali Mahlodji: Es geht ganz stark um die Frage, ob ich Mitarbeiter langfristig und nachhaltig an ein zukunftsfittes Unternehmen binden will. Ob ich nachhaltig gut aufgestellt sein will und daher dafür sorge, dass Weiterentwicklung und Innovation im Unternehmen auf mehrere Schultern verteilt sind. Wenn ich die Potenziale aller wirklich ausschöpfen will, muss ich gehirngerecht arbeiten. Manche Leute checken alle paar Sekunden ihre E-Mails, nur um beschäftigt zu sein. Da macht es viel mehr Sinn, eine Stunde in die eigene Regeneration zu investieren, das Leben zu genießen oder nachzudenken. Und danach macht man in kürzerer Zeit das, wofür andere vielleicht länger brauchen. So ein Zugang kann für den Menschen und auch für das Unternehmen nur gut sein. Wer sich als Führungskraft nicht auf diese Reise begibt, der verbrennt Geld, ganz einfach. Am Ende des Tages ist das die ganz simple wirtschaftliche Frage der Zukunft.

Bezugsquelle: Der vollständige Work Report 2019 von Ali Mahlodji ist direkt beim Zukunftsinstitut erhältlich.

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