
MINT-Bildungsexpertin & erfolgreiche Gründerin Verena Pausder und A1 CFO Sonja Wallner
Warum ist es wichtig, mehr Frauen für MINT-Berufe zu begeistern?
Verena Pausder: Wir brauchen „Techies“, um neue Ideen umzusetzen. In der Berliner Tech-Szene haben wir 13 Prozent Gründerinnen. Diese Frauen sprechen miteinander, lernen voneinander – zu Themen wie Job und Familie, aber auch zu Trends wie NFT. Wir sehen viele neue Jobs mit MINT-Bezügen. Daher braucht es gemeinsame Anstrengungen von Politik, Bildungswesen und Unternehmen. Frauen sollen auch selbst etwas tun – mehr Neugier tut gut!
Sonja Wallner: Für mich haben Unternehmen einen vorrangigen Zweck, nämlich gute Ergebnisse zu erwirtschaften. Voraussetzung dafür sind u.a. zufriedene Kunden und gute Mitarbeiter. Ich bin sehr fakten- und zahlengläubig und habe irgendwann festgestellt, dass diverse Teams nachhaltigere Ergebnisse erzielen, kreativer sind und mehr zum Unternehmenserfolg beitragen. Herausforderungen lassen sich durch unterschiedliche Historien am besten lösen.
Was ist dafür in der Ausbildung nötig?
Verena Pausder: Analoger Schulunterricht auf digitalen Kanälen ändert nichts. Wichtig sind entsprechend ausgebildete Lehrkräfte, die als Begleiter, Coach, Enabler für digitale Kompetenz fungieren. 85 Prozent aller Daten werden nicht genutzt – aus der Mobilität, dem Gesundheitswesen, von Behörden etc. –, weil wir Datenschutz über alles stülpen und den Wert der Daten nicht verstehen. Im Hochschulbereich brauchen wir Quoten von unten: Ein gewisser Studiengang soll etwa nicht stattfinden, wenn ein Frauenanteil von unter 30 Prozent gegeben ist.
Was können Arbeitgeber unternehmen?
Wallner: Wir brauchen Frauen, die neugierig sind und erfolgreich sein wollen – von Müttern bis zu Studienabgängerinnen. Wir achten sehr darauf, bei gleichen Qualifikationen nicht nur die „weißen Österreicher“ ins Unternehmen zu holen. Diese Reise hat vor mehreren Jahren begonnen und trägt nun endlich Früchte. Aber wir brauchen mehr davon. Dafür setze ich mich mit voller Leidenschaft ein.
Verena Pausder: Events, Workshops, Austausch mit MINT-Frauen fördern, Weiterbildung anbieten, die nicht zum „Kerngeschäft“ der Mitarbeiterinnen gehört – das ermöglicht ein „Wachsen“ zum persönlichen Vorteil und jenem des Unternehmens. Mehr Frauen in MINT-Berufen trägt auch zum Schließen der Gender-Pay-Gaps bei.
Wie kann ich selbst etwas ändern?
Verena Pausder: Mein Tipp: eine „Zukunftsstunde“ pro Woche, idealerweise sonntags um 17:00 Uhr. Keine Spiele, sondern Umgehen mit Robotern, technischen Geräten, eine „hour of code“, und dabei die Kinder einbinden. Schenken Sie Mädchen technische Dinge. Sie freuen sich darüber genauso und gewinnen Einblicke in die digitale Welt. Für Erwachsene: „Tech-Club statt Buchklub“, sich mit anderen über technische Themen austauschen. Halten Sie das 90 Tage durch und Sie gewinnen eine neue Sicht auf die Technologie.
Wallner: Auch ich musste feststellen, dass nicht alle gleiche Chancen haben, ihre Wünsche zu verwirklichen. Daher möchte ich Frauen und Männer unterstützen und achte darauf, dass Frauen und Männer gleiche Voraussetzungen oder auch Bedingungen im Beruf haben. Unsere Initiativen machen sich schön langsam bezahlt – einerseits bei den Berufseinsteiger:innen, weil wir heute endlich mehr als 25 Prozent weibliche Lehrlinge im Haus haben, die regelmäßig super Ergebnisse bringen, und andererseits in der bestehenden „Mannschaft“, in der sich Frauen in unserer Female-Empowerment-Initiative gegenseitig unterstützen. Weiters empfinde ich es als unseren gesellschaftlichen Auftrag, Eltern dazu anzuregen, ihre Kinder bei der Wahl der Hobbys oder der Schule interessen- bzw. neigungsgetrieben zu unterstützen.