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Wissen schützen ist überlebenswichtig

Peter Gridling

Peter Gridling, Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). © BVT beigestellt

Immer noch schützen Betriebe ihr Wissen zu wenig. Eine klare Schutzstrategie ist nötig, um im Wettbewerb bestehen zu können, betont Peter Gridling, Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT).

A1: Mehr als 70% der in einer Studie befragten, von Spionage betroffenen  Unternehmen haben angegeben, unternehmenskritische Folgeschäden erlitten zu haben. Ist es denn nicht selbstverständlich, dass ein Betrieb sein Know-how ausreichend schützt?

Peter Gridling: Das ist leider keine Selbstverständlichkeit. Oftmals wissen Unternehmen auch nicht, was wirklich schützenswertes Wissen im Betrieb ist. Je kleiner Firmen sind, umso mehr Menschen sind in alles Mögliche eingeweiht. Für solche Unternehmen kann die Weitergabe von Kompetenzen existenzgefährdend sein. Eine Möglichkeit ist, Spezialwissen gezielt zu verteilen. Man muss sich im Klaren sein: Sicherheit ist teuer und sie macht langsam. Aber sie ist nötig. Jedes Unternehmen sollte alles daransetzen, eine klare Schutzstrategie zu haben. Das heißt zunächst, das schützenswerte Wissen zu definieren und dann zu prüfen, wer Zugang zu diesem Wissen haben sollte oder haben muss. Zudem braucht es klare Sicherheitsschranken bzw. -überprüfungen jener Menschen, die Zugriff auf Know-how haben. Jedes Unternehmen muss sich personell, strukturell, physisch, elektronisch und regulatorisch absichern. Wenn dann doch Firmengeheimnisse entwendet werden, kann man dem Unternehmen zumindest keine Nachlässigkeit vorwerfen. Das kann im Fall einer strafrechtlichen Verfolgung von größter Wichtigkeit sein.

A1: Welche Rolle spielt in diesem Umfeld das BVT?

Peter Gridling: Es ist auch unsere Aufgabe als BVT, den Wirtschaftsstandort zu schützen. Deshalb engagieren wir uns intensiv in Prävention, Beratung und Sensibilisierung. Wir arbeiten mit Verbänden zusammen, wir organisieren Vorträge, wir stehen für Beratungsgespräche zur Verfügung. Das ist deshalb so wichtig, weil die Schäden, die durch Wirtschafts- und Industriespionage entstehen, von ein paar tausend Euro bis zu hunderten Millionen Euro reichen können. In manchen Fällen wird das Unternehmen in seiner Existenz gefährdet.

A1: An wen soll sich ein Betrieb eigentlich als Erstes wenden, wenn ein Verdacht besteht: an die Polizei oder gleich an das BVT?

Peter Gridling: Der erste Ansprechpartner für ein Unternehmen ist in der Regel nicht die Polizei, sondern eine Institution wie eine Rechtsanwaltskanzlei, Steuerberatung oder auch eine Detektei. Die Polizei wird zumeist später hinzugezogen. Das hat den Vorteil, dass betroffene Unternehmen besser vorbereitet sind und wissen, was sie gegenüber der Behörde bekannt geben möchten. Sie können so in gewisser Weise die Causa besser steuern. Die Polizei als Behörde muss einen Bericht abliefern. Wir sind als BVT Teil des Innenministeriums und somit dem amtlichen Vorgehen verpflichtet. Das heißt, dass wir als Sicherheitsbehörde im Falle eines Offizialdelikts die Staatsanwaltschaft informieren müssen. Meist handelt es sich bei den in Frage kommenden Delikten um Antrags- oder Ermächtigungsdelikte, die dem Geschädigten in jedem Stadium der Ermittlung Einflussmöglichkeiten bieten – z.B. durch Nichterteilen oder Zurückziehen einer Ermächtigung oder durch Nichtstellen eines Antrags. Auch der Staatsanwalt hat Möglichkeiten, Firmeninteressen zu berücksichtigen, und kann einem ungewollten Informationsabfluss während des Ermittlungsverfahrens vorbeugen. Sollte es in weiterer Folge zur Anklage und zu einer Verhandlung kommen, ist diese zwar öffentlich, aber auch der Richter kann zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen die Öffentlichkeit in bestimmten Fällen ausschließen. Dies ist allerdings in der Verhandlung zu beantragen. In diesem späten Stadium droht allerdings ein Imageschaden und deshalb scheuen sich auch viele Firmen, im Fall einer Spionageattacke vor Gericht zu gehen.

A1: Wo liegt Österreich im internationalen Vergleich? Sind unsere Unternehmen besonders gefährdet?

Peter Gridling: Österreich ist weder positiv noch negativ eine Ausnahme. Die Problematik zieht sich durch alle Länder in allen Regionen dieser Welt. Die Bedrohung ist permanent vorhanden, und das durchaus in großer Breite. Sie muss aber nicht schlagend werden. Die Anzeigestatistik läuft interessanterweise nicht parallel zu den Erkenntnissen der jüngsten Umfrage. Ich denke, Unternehmen haben große Angst vor Reputationsverlusten und vor Imageschäden. Daher entsteht auch bei vielen Vorfällen in letzter Konsequenz und auf Wunsch des betroffenen Unternehmens kein Antrag auf Verfolgung durch die Strafbehörden. In der von Ihnen zitierten Studie kommt zum Ausdruck, dass lediglich ein Viertel der betroffenen Unternehmen die Behörden nach einem Angriff eingebunden hat. Als häufigster Grund werden hier Beweisprobleme genannt.

Lesen Sie hier Teil 1 des Interviews.

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