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„Wir können die Zukunft selbst gestalten“

Wer Dinge repariert anstatt sie gleich wegzuwerfen, reduziert seinen täglichen Materialfußabdruck. Der muss in Österreich von 19 auf 7 Tonnen schrumpfen.

Die Digitalisierung kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen, sagt Mag.a Karin Huber-Heim, Circular Economy Forum Austria.

Wenn Mag.a Karin Huber-Heim, Executive Director des Circular Economy Forum Austria, mit ihrer Tochter über das Leben und die Wege diskutiert, wie wir es besser machen können, dann hat sie ein klares Ziel vor Augen: „Ich möchte den nächsten Generationen die gleichen Möglichkeiten bieten, wie wir sie hatten.“ Um dieses Ziel zu erreichen, tut sie alles, was sie kann, versucht Mitstreiter für Ihre Version einer besseren Zukunft zu ermutigen und zu gewinnen. „Zukunft heißt Gestaltung“, sagt sie. Das heißt beispielsweise, sich ein Bild zu bauen, das sich an einem Leitstern orientiert, an dem man sein Handeln jeden Tag messen kann. Das gilt für Privatpersonen ebenso wie für die Gesellschaft und die Wirtschaft. „Jetzt ist die Zeit der Aufbruchsstimmung. Wir wollen das jetzt machen, wir wollen das gestalten“, hört sie von vielen Menschen. Ein Ansatz, mit dem Martin Stiedl, Leiter des A1 Field Force und Host auf dem OneTEC FutureShot zur Kreislaufwirtschaft, viel anfangen kann. Für ihn bedeutet Zukunft, Dinge wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Dabei benötige man aber auch Augenmaß. „Wir haben bei A1 heute 70 eigene PV-Anlagen, die aber nur 0,2 Prozent unseres Strombedarfs produzieren“, gibt er ein Beispiel für Herausforderungen, die es zu lösen gilt und für die es mehr als einen Ansatz braucht.

Altes Wirtschaftsmodell verabschieden
Die Zeiten haben sich geändert, sagt Huber-Heim in ihrer Key Note. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein Wirtschaftssystem aufgebaut, das auf dem Prinzip „Produzieren, Konsumieren und Wegwerfen“ aufgebaut war. Arbeit für möglichst viele und das Halten der hohen Produktionszahlen sind die zentralen Parameter. Nach dem Krieg hatten die Menschen eine ungeheure Leistung vollbracht, aus Trümmern ein neues Lebensmodell geschaffen. „Das können wir heute auch“, ist sie überzeugt. Doch dazu müsse klar sein, dass Dinge einen Wert darstellen und nicht einfach so ersetzt werden können. „Die Menschen brauchten nach dem Krieg – und das brauchen sie auch heute – Räume, um ihre Emotionen ausleben zu können“, sagt Huber-Heim, „daher haben wir ein System gestaltet, das Emotionen befriedigt und die Produktion hochhält.“ Konsum als Lebensweise, Kauf und Gebrauch von Waren als Rituale, damit müsse nun Schluss sein. „Kaufen, verbrauchen, abnutzen und wegwerfen, und das in immer schnellerem Tempo, das geht sich nicht mehr aus“, sagt sie, „wir können und müssen das System wieder ändern!“ Huber-Heim nennt Beispiele wie Overtourism oder Überfluss in der Nahrungsmittelversorgung, was dazu führt, dass viel zu viel auf dem Müll landet. „Müll vielleicht einmal ins All zu schießen, ist auch keine Lösung“, sagt sie. Besser ist es, nachzudenken, wie wir mit Werten, die wir der Erde entnehmen, umgehen. „Wir produzieren viele Probleme, wir vernichten Werte und Lebensraum. Wir zerstören Natur und Landschaften, indem wir Chemikalien und Plastik, Phosphor und Stickstoff in die natürlichen Kreisläufe einbringen. Wir produzieren Treibhausgase, wir gehen schlecht mit den Ozeanen um. Die Natur kann sich regenerieren – die Frage ist, wird sie das mit uns oder ohne uns tun“, meint Huber-Heim.

Wohlstand sichern trotz Änderungen
Den Lebensstil und das System zu ändern, heiße aber nicht, in die Steinzeit zurückzufallen. Aber wir müssen bewusster leben und produzieren. Wohlhabende Länder wie Österreich brauchen auch überdurchschnittlich mehr Ressourcen und produzieren zu viel Treibhausgas. „In Österreich liegt der tägliche Materialfußabdruck, also alles, was wir zum Leben produzieren, bei 19 Tonnen“, sagt Huber-Heim, „wir müssten hier runter auf sieben Tonnen. Es gibt Menschen, die schon so leben. Sie haben Dinge länger in Gebrauch, konsumieren weniger, fahren weniger Auto und mehr mit Öffis. Sie nutzen und verwenden, aber verbrauchen nicht. Die Kreislaufwirtschaft als großartiges Konzept, um Wohlstand weiter zu erhalten“, betont sie. Doch das bedeutet: Verhalten ändern, Dinge anders gebrauchen, wieder verwenden, weiterverwenden. Es ist in gewisser Weise für viele wie ein Sprung ins Ungewisse. Doch wer ihn schafft, kann stolz auf sich sein. „Es gibt viele Möglichkeiten im eigenen Lebensumfeld“, betont Huber-Heim, „aber eines geht sich nicht mehr aus: business as ususal. Ein bissl besser hier und da reicht nicht, weil das System auf Verschwendung und Abfall aufgebaut ist.“ Die Zukunft müsse der Kreislaufwirtschaft gehören. Doch das allein reiche nicht, es müsse ein übergeordnetes Konzept entstehen, das die SDGs der Vereinten Nationen berücksichtige und eine echte Partnerschaft mit den Entwicklungsländern und Ländern der südlichen Hemisphäre und der Entwicklungsländer begründe. Für Österreich und Europa gehe es darum, Wohlstand zu erhalten und Abhängigkeiten zu reduzieren. Will man eine echte Kreislaufwirtschaft erreichen, braucht es neue Ansätze: „Keine Ausbeutung der Erde, kein Abfall, Materialkreislauf, Produktion mit erneuerbarer Energie, Produktlebenszyklen verlängern und erst als letzter Ausweg Recycling, denn das benötigt am meisten Energie“, so Huber-Heim.

Produktdesign für morgen
Nun gelte es, Dinge neu zu denken und anders zu machen, auch in Design und Gestaltung. Produkte, Prozesse und Geschäftsmodelle dazu zu entwickeln. Dieses „regenerative Wirtschaftsmodell“ bietet auch ein großes Digitalisierungspotenzial, denn die cross-sektorale und interdisziplinäre Zusammenarbeit geschieht nicht von allein. Ein „Digital Product Passport“ gibt beispielsweise alle Materialien an, die im Produkt verbaut sind. Unternehmen müssen verstärkt ausweisen, in welchem Zusammenhang ihre Investitionen und die Auswirkungen auf den Klimaschutz stehen. Das kreislauffähige Geschäftsmodell als übergeordnetes Ziel basiert auf Nutzen, Teilen, Verlängern, Dematerialisierung („vom Server zur Cloud“, sagt Huber-Heim), Transformation und auch Diversifizierung. In dieser Phase können Telekommunikationsunternehmen eine wichtige Rolle übernehmen, indem sie den Ansatz in ihr bestehendes Geschäft integrieren, neue Angebote zur kreislauffähigen Wirtschaft schaffen, aber auch eine Führungsrolle in der Verbreitung kreislauffähiger Lösungen für andere Unternehmen einnehmen. „Für all das braucht es auch neue Plattformen“, sagt Huber-Heim, „die helfen, das zirkuläre Ökosystem zu entwickeln und zu verbreiten.“

IKT als Teil der Lösung
ITK-Unternehmen können durch gezielte Rohstoffbeschaffung und Maßnahmen in der Netzwerkinfrastruktur und im Energiemanagement wichtige Beiträge leisten. In den Rechenzentren bieten sich ein noch effizienteres Kapazitätsmanagement oder auch die Nutzung von überschüssiger Wärme an. Die Kunden – sowohl private wie auch Unternehmen – sollen dabei unterstützt werden, vom Verbraucher zum Gebraucher zu werden. Um diese Ziele zu erreichen, sei aber auch ein Weggehen vom linearen Problemlösungsdenken erforderlich. „Wir müssen Dinge gleichzeitig lösen“, bringt es Huber-Heim auf den Punkt, „dazu müssen wir bei uns selbst anfangen, den inneren Schweinehund zu überwinden und die eigene Komfortzone zu verlassen.“ Ein Aspekt, dem auch Martin Stiedl viel abgewinnen kann: „Motivation, den Sprung ins Ungewisse zu wagen, Vernetzung und Zusammenarbeit voranzutreiben, das ist genau das, was A1 will und fördert.“

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