
Die Metapher der zerstörerischen Welle ist sicherlich ein überzeichnetes Bild der Wirklichkeit.
Was steckt eigentlich hinter der digitalen Transformation?
Wenn über Digitalisierung oder digitale Transformation (Begriffe die vielfach synonym verwendet werde, was sie aber nicht sind, wie wir später noch feststellen werden) diskutiert wird, sind oft schnell plakative Metaphern zur Hand. Diese Metaphern werden dazu bedient, um die Auswirkungen der Digitalisierung meist dramatisch vor Augen zu führen.
Eine dieser Metaphern ist die große Welle, die auf die globale Wirtschaft wie ein Tsunami zurollt und all jene Unternehmen mitreißen wird, die es nicht in kürzester Zeit schaffen, auf dieser Welle mit einem Surfbrett zu neuen digitalökonomischen Ufern zu gleiten. Das Wellenreiten steht dabei als Synonym für die Nutzung sogenannter Game Changing Technologies wie z.B. Big Data & Analytics, Artificial Intelligence, Robotics, 3D Printing, Augmented Reality, IoT oder Blockchain, um neue Geschäftspotentiale zu adressieren und den Mitbewerb auf Abstand zu halten.
Die Metapher der zerstörerischen Welle ist sicherlich ein überzeichnetes Bild der Wirklichkeit. Nichtsdestotrotz können wir aufgrund der Erfahrungen und Entwicklungen der letzten Jahre davon ausgehen, dass die gesamte Wirtschaftslandschaft innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre eine nachhaltige, wenn nicht zum Teil radikale Veränderung erfahren wird. Tatsächlich gibt es schon eine Vielzahl an Unternehmen, die ihre aktuellen Geschäftsmodelle und Businesspläne gerade neu designen. Die disruptive Kraft der oben als Game Changing Technologies zusammengefassten Digitalisierungstechnologien erlaubt es erstmals in der Geschichte der Ökonomie, dass binnen kürzester Zeit branchenfremde Mitbewerber in etablierte und bislang durch Zutrittsbarrieren geschützte Märkte eintreten, um dort die Spielregeln neu zu definieren.
Einige Branchen (Reiseanbieter und Hotellerie, Personentransport, Buchhandel, Telekommunikation usw.) haben die disruptiven Auswirkungen der digitalen Transformation schon voll zu spüren bekommen, andere (Banken, Versicherungen, Automotive, Handel u.v.m.) stehen unmittelbar vor tiefgreifenden Veränderungen ihrer Geschäftsmodelle und Kundenbeziehungen.
Damit ist neben den Game Changing Technologies ein weiteres wichtiges Stichwort im Kontext der digitalen Transformation gefallen. Die Kundenbeziehung. Sie wird im Zeitalter der Digitalisierung noch viel stärker zum kritischen Erfolgsfaktor für ein Unternehmen und damit zum Treiber der digitalen Transformation in der Wirtschaft. Der Konsument, die Konsumentin sind bekannterweise in der Nutzung von digitalen Technologien den meisten Unternehmen weit voraus. Der habitualisierte Umgang mit Internet und Social Media mittels PC, Smartphones oder Tablets haben eine Alles-sofort-überall-Mentalität entstehen lassen, der ein Unternehmen, will es weiterhin erfolgreich bleiben, gerecht werden muss.
Nachdem es Jahr für Jahr immer mehr Menschen auf dieser Welt gibt, die sich an eine Zeit vor dem Internet nicht mehr erinnern können und somit auch ihr Konsumverhalten sehr stark, wenn nicht ausschließlich durch das Internet geprägt ist, stellt das viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Die klassische Customer Journey, also die einzelnen Etappen des Kunden, der Kundin bis zur Kaufentscheidung verliert zunehmend an Bedeutung.
Knapp 4 Milliarden Smartphones auf dieser Welt haben die Art und Weise wie Menschen sich informieren, miteinander kommunizieren und mit Unternehmen interagieren, vollkommen verändert. Das mobile Internet über das Smartphone ermöglicht unabhängig vom Ort eine permanente Verbindung zu Social Media und Webangeboten. Kunden kommunizieren auf immer mehr unterschiedlichen Kanälen mit Unternehmen und erwarten, dass die individuell bevorzugten Kanäle auch von Unternehmen bedient werden. Die neuen Anforderungen der Kunden in Richtung einer Omni-Channel Kommunikation, die vielfach in Echtzeit passiert, hat gesamtheitliche Auswirkungen auf Marketing, Vertrieb und Service eines Unternehmens. Zudem wird die Nachfrage an individualisierbaren Produkten und Services stark zunehmen. Schon heute steht nicht mehr das physische Produkt im Vordergrund einer Kaufentscheidung, sondern vielmehr das Serviceangebot rund um das Produkt.
Diese neue Generation von Internetaffinen Konsumenten recherchiert und kauft bevorzugt Online. Sie erwarten von Unternehmen digitale Produkte und Dienstleistungen, die schnell, einfach und jederzeit verfügbar sind.
Laut der aktuellen eCommerce Studie Österreich 2018. Konsumentenverhalten im Distanzhandel haben knapp 5 Mio. ÖsterreicherInnen (+2% gegenüber dem Vorjahr) laut Studie im Analysezeitraum 2018 im in- und ausländischen Distanzhandel eingekauft und dabei insgesamt rund 7,9 Mrd. Euro (+6% gegenüber dem Vorjahr) ausgegeben. Das entspricht mehr als einem Zehntel der einzelhandelsrelevanten Konsumausgaben. Die Dynamik beim Online-Shopping wird noch übertroffen vom Boom beim Smartphone-Shopping. Ein Viertel der Österreicher kauft im Internet bereits via Smartphone ein. Der Wermutstropfen an dieser Entwicklung ist aber, dass mittlerweile 57% der KonsumentInnen bei ausländischen Online-Händlern einkaufen, die Loyalität zu heimischen Anbietern nimmt weiter ab (Quelle: APA, OTS0068, 23. Juli 2018, 12:11).
Die Antwort auf diese Entwicklung sind z.B. Smart Services, die datenbasiert, als individuell konfigurierbares Leistungsangebot aus digitalen Dienstleistungen und physischen Produkten den Kunden über integrierte Plattformen, wie einem Marketplace oder Apps angeboten und bereitgestellt werden.
Die Bereitstellung solcher Online-Angebote erfordert bei den Unternehmen und seinen Lieferanten ein hohes Maß an Flexibilität und Agilität. Die kann nur erreicht werden, wenn auf der einen wie auf der anderen Seite eine durchgängige Digitalisierung der Prozesse gegeben ist, um Daten auszutauschen und damit auf die Kundenanforderungen in Echtzeit reagieren zu können.